Das wundersame Sternenkraut

Einst lebte auf einem Bauernhof ein altes, krankes Huhn. Von Rheuma geplagt, konnte es kaum noch gehen, sein Atem keuchte, seine Augen waren entzündet und trieften, seine Federn waren stumpf und fielen ihm aus, die Haut darunter war krätzig, es hatte keinen Appetit und Eier legte es schon lange keine mehr. “Die alte, kranke Henne taugt nicht einmal mehr für den Suppentopf”, schimpfte die Bäuerin und jagte die unnütze Fresserin vom Hof. Da stand das Huhn drauen auf dem Feld, mitten im Schnee, denn es war Winter. Der Wind pfiff ihm durch das räudige Gefieder und es fror jämmerlich. Mühsam humpelte es in den Wald, um Schutz zu suchen vor der bitteren Kälte und dort auf den Tod zu warten. Mitten in der Nacht wachte es plötzlich auf. Ein heller Streifen war am Himmel zu sehen, der bewegte sich schnell, als fiele ein Stern zur Erde. So schön erschien dem Huhn das Schauspiel, dass es sich trotz Kälte und Schmerzen auf den Weg machte, den wunderbaren Stern zu suchen, der da auf die Erde gefallen war. Auf freiem Feld fand es eine offene Stelle mitten im Schnee, aus der ihm viele winzige, weiße Sternchen entgegen leuchteten. Als es genauer hinsah, bemerkte es, dass da eine zarte Pflanze wuchs, die Stängel vielfach verschlungen wie Hühnerdärme, mit winzigen grünen Blättchen und weißen, sternförmigen Blütchen. Neugierig zupfte es ein wenig an den zarten Stängelchen. Sie schmeckten köstlich, leicht süß wie junge Maiskölbchen. So gut hatte dem Huhn schon lange nichts mehr gemundet. Es fraß und fraß, bis es satt war, dann kuschelte es sich zufrieden in das Schneeloch und schlief ein. Am nächsten Morgen wurde es von der Sonne geweckt, reckte sich und schüttelte sein Gefieder. O Wunder! Das war über Nacht wieder dicht geworden und glänzte richtig in der Morgensonne. Da tanzte das Huhn vor Freude, es hüpfte und sprang umher, gackerte lauthals und legte schließlich ein prachtvolles weißes Ei. Ja, das konnte es alles wieder, denn seine Schmerzen und alle seine Gebrechen waren verschwunden. “Ein Wunderkraut, ein vom Himmel gefallenes Sternenkraut!” jubelte es eins ums andere Mal und rannte schnurstracks zurück zum Bauernhof. Dort erkannten die anderen Hühner es erst gar nicht wieder, so gesund und munter sah es nun aus. Auch die Bäuerin hielt es für ein fremdes Huhn, das ihr zugelaufen war, aber sie freute sich über den prächtigen Zuwachs im Hühnerstall und fütterte es täglich. Von Zeit zu Zeit aber lief das Huhn wieder hinaus auf das Feld zu seinem köstlichen Sternenkraut und fraß sich daran satt, denn das Wunderpflänzlein wuchs dort fleißig das ganze Jahr über. Auch dem anderen Geflügel erzählte es davon. Auf den Feldern gab es nun mehr als genug von der alle Vögel stärkenden und heilenden “Vogelmiere”. Und so lebte das Huhn noch lange fröhlich und vergnügt auf dem Bauernhof, und wenn es nicht gestorben ist, dann lebt es vielleicht noch heute.

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